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Streit um Asylwende-Antrag "Schritt zu weit": Habeck warnt Merz vor Abstimmung mit AfD

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Die Migrationsvorstöße der Union stoßen beim Grünen-Kanzlerkandidat Habeck auf scharfen Widerspruch. Er warnt CDU-Chef Merz bei ntv vor einem "gefährlichen Schritt". Stimme die Union mit BSW und AfD zusammen im Bundestag ab, sei das "nicht mehr die Union, die wir kennen".

Zum Auftakt des Grünen-Parteitags in Berlin hat Kanzlerkandidat Robert Habeck den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz mit scharfen Worten vor einer gemeinsamen Asyl-Abstimmung mit AfD und BSW gewarnt. "Zusammenarbeit heißt, man nimmt eine Mehrheit billigend in Kauf, wissend, dass sie von der AfD kommt", sagte Habeck zu ntv. "Das ist ein gefährlicher Schritt, ein Schritt zu weit, finde ich." Die Union will in der kommenden Woche im Bundestag über ein "faktisches Einreiseverbot" für irreguläre Migranten und massive Haftausweitungen für Ausreisepflichtige abstimmen lassen. Unionskanzlerkandidat Merz will für eine Mehrheit offenbar auch Stimmen von AfD und BSW in Kauf nehmen.

Habeck warnte Merz davor, den Konsens der demokratischen Parteien aufzukündigen. "Wir dürfen nie den Fehler machen, dass wir glauben, uns - die demokratische Mitte - trennt mehr, als uns von den Feinden der Demokratie trennt", sagte Habeck. "Zusammenarbeiten heißt eben auch Zusammenarbeiten - nicht Basta, nicht Ansage, nicht Erpressung. Deswegen sind wir so kurz davor, dass Friedrich Merz das Wort, das er mal gegeben hat, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten, bricht."

Die Union will als Reaktion auf die Bluttat in einem Park in Aschaffenburg in der anstehenden Bundestagswoche zwei Anträge zu Fragen der Migration und der Inneren Sicherheit vorlegen. Sie sehen unter anderem mehr Befugnisse für die Bundespolizei und ein faktisches Einreiseverbot für Menschen vor, die keine gültigen Einreisedokumente haben und nicht unter die europäische Freizügigkeit fallen. Wer vollziehbar ausreisepflichtig sei, solle "unmittelbar in Haft genommen werden". Zudem soll das Aufenthaltsrecht für Straftäter und sogenannte Gefährder verschärft werden.

Habeck fordert Aufarbeitung von Aschaffenburg-Tat

Habeck hält eine Mehrheit im Bundestag für die Unionsvorschläge für realistisch. "Wenn die AfD mit der Union, der FDP und dem BSW zusammensteht, haben sie wahrscheinlich eine Mehrheit im Deutschen Bundestag. Dann haben wir eine Mehrheit mit BSW und AfD und Union", sagte Habeck. "Und was das mit der Union macht, mag man sich nicht vorstellen. Das ist jedenfalls nicht mehr die Union, die wir kennen, die behauptet, für die Mitte in Deutschland zu stehen. Das ist dann vorbei."

Ein 28 Jahre alter Afghane hat am Mittwoch in Aschaffenburg einen zweijährigen Jungen und einen einschreitenden Mann getötet. Zwei weitere Menschen wurden schwer verletzt. "Da hat ein Täter Kinder ermordet. Ich meine, wie kaputt, wie krank kann man eigentlich sein. Das ist wirklich eine Katastrophe", sagte Habeck. "Man darf darüber nicht hinweggehen, was das für ein schockierendes Ereignis ist."

Habeck forderte eine gründliche Aufarbeitung, warum der Täter noch im Land war, auch mit Blick auf die Anschläge und Morde in Solingen, Mannheim und Magdeburg. "Verschiedene Täter hätten eigentlich das Land verlassen müssen. Das wurde nicht eingehalten, weil die Behörden zu langsam arbeiten", sagte Habeck. "Natürlich müssen wir über die Steuerung immer reden, beziehungsweise sie nach vorne stellen. Steuerung kann auch Begrenzung heißen."

Mehr Delegierte als je zuvor auf Parteitag

Zum Grünen-Wahlprogramm mit dem Titel "Zusammen wachsen" waren vorab fast 1900 Änderungsanträge gestellt worden. Über einen Großteil davon verständigte sich die Partei jedoch bereits in den vergangenen Tagen, beim Parteitag soll nur noch über wenige Anträge diskutiert und abgestimmt werden. Wie die politische Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Pegah Edalatian, am Rande des Parteitags sagte, sind noch rund zehn Abstimmungen geplant, unter anderem zum Deutschlandticket und dem Gasausstieg.

Angemeldet waren zu dem eintägigen Treffen 829 Delegierte. Dies seien mehr als je zuvor, so Edalatian. Grund sei die in den vergangenen Wochen und Monaten deutlich gestiegene Zahl der Parteimitglieder - auf mittlerweile rund 160.000.

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Die Grünen legen in ihrem Wahlprogramm den Fokus darauf, den Menschen den Alltag bezahlbar zu machen. Dazu fordern sie unter anderem die Einführung eines Klimagelds, ein wieder auf 49 Euro reduziertes Deutschlandticket und einen Mindestlohn von 15 Euro.

Zum Kanzlerkandidaten hatten die Grünen bereits bei ihrem Parteitag im November Vizekanzler Habeck gekürt. Baerbock tritt neben ihm als Spitzenkandidatin an. In den Umfragen zur Bundestagswahl konnte die Partei in den vergangenen Monaten leicht zulegen: Sie steht nun bei 13 bis 14 Prozent - dies könnte für eine Regierungskoalition mit der Union reichen.

Quelle: ntv.de, mit dpa/AFP

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