„Das getötete Kind war dann da vorne gelegen“
In einem Stadtpark in Aschaffenburg wird eine Kitagruppe mit einem Messer attackiert. Ein Mann und ein Kleinkind sterben, drei Menschen werden verletzt. Ein Polizist schildert den Ablauf des Angriffs.
Ein 28-Jähriger hat bei einer Messerattacke auf eine Kindergartengruppe in einem Park im bayerischen Aschaffenburg am Mittwoch zwei Menschen getötet. Bei den Opfern handelt es sich um einen Jungen im Alter von zwei Jahren und einen 41-jährigen Passanten. Drei Menschen wurden verletzt, darunter auch ein zweijähriges Mädchen.
Nach Angaben des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU) stach der afghanische Tatverdächtige ersten Erkenntnissen zufolge „unvermittelt und gezielt“ mit einem Küchenmesser auf ein Kind aus der Kindergartengruppe ein. Der 41-Jährige versuchte demnach mutmaßlich, weitere Angriffe auf Kinder zu verhindern und wurde dabei getötet. Weitere Passanten verfolgten den laut Polizei zu Fuß flüchtenden Täter. Wenige Minuten nach der Attacke wurde der Mann von Einsatzkräften der Polizei gefasst. Das bei der Tat verwendete Küchenmesser wurde beschlagnahmt.
Die kleine Kindergruppe sei mit einem Bollerwagen unterwegs gewesen, als sie angegriffen wurde, schilderte ein Polizist vor Ort den Tathergang. „Dann sind Passanten, beziehungsweise ein Vater, der mit seinem Kind auch hier war, dazwischengegangen.“
In der Rangelei habe der Mann tödliche Stiche abbekommen, ein weiterer sei durch Stiche schwer verletzt worden. „Das getötete Kind war dann da vorne gelegen. Das wurde noch von einer Passantin und zwei Kollegen versucht zu reanimieren“, so der Polizist weiter. Ein weiteres habe im Bollerwagen Stichverletzungen abbekommen. „Es war bei unserem Einsatz noch im Bollerwagen, war bei Bewusstsein und wurde dann vom Rettungsdienst versorgt.“
Verdächtiger war wegen Gewaltdelikten polizeibekannt
„Ich finde diese Situation völlig unbegreiflich“, sagt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann nach einem Moment des Schweigens. Wie Herrmann unter Berufung auf erste Ermittlungsergebnisse mitteilte, befand sich der Verdächtige in psychiatrischer Behandlung und sollte aus Deutschland ausreisen. Er sei in der Vergangenheit mindestens dreimal wegen Gewalttaten aufgefallen, jeweils in psychiatrische Behandlung gekommen und wieder entlassen worden, sagte der Minister. Im Dezember habe das Amtsgericht in Aschaffenburg eine Betreuung für ihn angeordnet.
Laut Herrmann war der Mann im November 2022 eingereist. Vor rund anderthalb Monaten kündigte er den Ausländerbehörden dann schriftlich seine freiwillige Rückkehr nach Afghanistan an. Sein Asylverfahren sei daraufhin am 11. Dezember eingestellt worden, und er sei zur Ausreise aufgefordert worden. Der Verdächtige habe sich aber danach offenbar weiter in psychiatrischer Behandlung befunden, sagte Herrmann weiter.
Das Motiv für den Angriff ist noch unklar, die Ermittler gingen nach Angaben des bayerischen Innenministers aber von einem Zusammenhang mit den psychischen Erkrankungen des 28-Jährigen aus. Bei einer Durchsuchung seiner Wohnräume in einer Flüchtlingsunterkunft seien „keinerlei Hinweise auf eine radikale islamistische Gesinnung“ gefunden worden, sagte Herrmann. Dagegen seien Medikamente gefunden worden, die zu seiner Erkrankung passten.
Polizei und Staatsanwaltschaft erklärten am Abend, die Durchsuchung habe weitere Erkenntnisse zu der psychischen Erkrankung des Mannes gebracht.
Deren weiteren Angaben zufolge handelte es sich bei dem getöteten zweijährigen Kind um einen marokkanischen Jungen. Die drei Verletzten, ein zweijähriges syrisches Mädchen, ein 72-jähriger Deutscher und eine 59-jährige Erzieherin mit deutscher Staatsangehörigkeit, waren am Abend außer Lebensgefahr.
Nach Angaben von Landesgesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) wurden die drei Verletzten in einem Aschaffenburger Krankenhaus behandelt. Das zweijährige Mädchen erlitt demnach Stichverletzungen im Halsbereich, der verletzte Erwachsene Stichverletzungen im Oberkörper und die Erzieherin der Kindergartengruppe brach sich bei einem Sturz den Unterarm.
Die Polizei hat eine eigene Zeugen-Hotline freigeschaltet. Zeugen werden zudem gebeten, Videoaufnahmen auf einer Website hochzuladen oder relevante Beobachtungen unter 0800 0060322 zu melden.