Wegen unübersichtlicher Lage BAMF stoppt Entscheidungen über Asylanträge von Syrern
09.12.2024, 12:43 Uhr Artikel anhören
Syrien zählt seit Jahren zu den Hauptherkunftsländern von Asylbewerbern in Deutschland.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Sturz des Assad-Regimes ändert auch den Umgang Deutschlands mit aus Syrien Geflüchteten. Bis auf Weiteres legt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge alle Asylanträge von Syrerinnen und Syrern auf Eis.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - kurz BAMF - stoppt vorerst Entscheidungen über Asylanträge von Syrern. Das sagte ein Behördensprecher auf Anfrage und bestätigte damit einen Bericht des "Spiegels". Dem Magazin zufolge gab ein Sprecher zur Begründung an, die Lage in dem Land sei unübersichtlich, deshalb könne man derzeit keine seriösen Einschätzungen vornehmen. Jede Entscheidung stünde "auf tönernen Füßen".
Die Regelung gelte nicht für sogenannte Dublin-Verfahren, bei denen ein anderes EU-Land für das Asylverfahren zuständig ist, sagte der Behördensprecher, sondern für alle Anträge, für die die Situation in Syrien ausschlaggebend sei. Derzeit seien mehr als 47.000 Asylanträge von Syrern anhängig, davon 46.081 Erstanträge. Syrien zählt seit Jahren zu den Hauptherkunftsländern von Asylbewerbern in Deutschland.
Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums gab an, eine Möglichkeit sei jetzt eine "Rückpriorisierung" der entsprechenden Anträge. Sie würden also im Stapel der BAMF-Mitarbeiter nach unten geschoben. Asylanträge seien aber immer Einzelfallentscheidungen. Dabei spiele die Sicherheitslage im Herkunftsland eine Rolle. Das Bundesamt habe die Möglichkeit, Asylentscheidungen bei einer unklaren Lage zurückzustellen. Und dass die Lage derzeit in Syrien unklar ist, sei ja offensichtlich.
Auch Österreich stoppt Asylverfahren
Unter den in Deutschland lebenden Syrern waren Ende Oktober laut Bundesinnenministerium 5.090 Asylberechtigte, 321.444 Menschen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde sowie 329.242 Syrerinnen und Syrer, die subsidiären Schutz genießen. Der greift, wenn weder der Flüchtlingsschutz noch die Asylberechtigung gewährt werden, den Betroffenen aber im Herkunftsland ernsthafter Schaden droht.
Österreich reagierte mit einem ähnlichen Schritt auf den Sturz des Assad-Regimes und setzte ebenfalls sämtliche Asylverfahren von Syrern aus. Diese Maßnahme sei auf Anweisung von Bundeskanzler Karl Nehammer von der ÖVP umgesetzt worden, teilte das Innenministerium mit. Betroffen sind nach Angaben des Ministeriums rund 7300 offene Asylverfahren in erster Instanz. Von Januar bis November 2024 seien 12.871 Asylanträge von syrischen Staatsbürgern gestellt worden.
Zusätzlich sollen alle bereits gewährten Asylbescheide überprüft werden. "In diesem Zusammenhang habe ich das Ministerium beauftragt, ein geordnetes Rückführungs- und Abschiebeprogramm nach Syrien vorzubereiten", sagt Innenminister Gerhard Karner, der ebenfalls der ÖVP angehört. Auch der Familiennachzug wird bis auf Weiteres ausgesetzt.
Quelle: ntv.de, jog/dpa/rts