Libyer wegen Anschlagsplanung auf israelische Botschaft in U-Haft
Ein Mitglied des „Islamischen Staats“ soll einen Anschlag auf die israelische Botschaft in Berlin geplant haben. Nun muss der abgelehnte Asylbewerber aus Libyen in Untersuchungshaft. Dies entschied ein Ermittlungsrichter.
Der mutmaßliche IS-Unterstützer, der einen Anschlag auf die israelische Botschaft in Berlin geplant haben soll, kommt in Untersuchungshaft. Ein Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe habe Haftbefehl gegen den Libyer erlassen, sagte eine Sprecherin des Generalbundesanwalts.
Bei dem in Bernau bei Berlin festgenommenen Mann handelt es sich um einen Libyer, dessen Asylantrag abgelehnt worden war. Gegen diese Ablehnung soll er nicht geklagt haben. Zunächst hatte „Bild“ berichtet, im Anschluss auch die Nachrichtenagentur dpa. Omar A. soll nach Informationen von „Bild“ im November 2022 nach Deutschland eingereist sein. Im Januar 2023 habe er Asyl beantragt, was acht Monate später abgelehnt worden sei.
Für Libyen gilt bundesweit kein genereller Abschiebestopp. Wenn ein Asylbewerber nicht freiwillig dorthin ausreist, gilt eine Abschiebung allerdings als schwierig, weil es in dem nordafrikanischen Land nur teilweise funktionierende staatliche Strukturen gibt.
Omar A. sei Anhänger der Ideologie der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS), teilte die Bundesanwaltschaft mit: „Spätestens seit Oktober 2024 beabsichtigte er, einen öffentlichkeitswirksamen Anschlag mit Schusswaffen auf die israelische Botschaft in Berlin zu verüben“, erklärte ein Sprecher. Zur Planung des Vorhabens habe sich der Mann in einem Messenger-Chat mit einem Mitglied des IS ausgetauscht.
A. wurde am Sonntag dem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof vorgeführt. Der Mann sei der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland dringend verdächtig, erklärte die Bundesanwaltschaft: „Zur Planung des Vorhabens tauschte sich der Beschuldigte in einem Messenger-Chat mit einem Mitglied des IS aus.“
Laut „Tagesschau“ wurde der 28-jährige Libyer von der Antiterroreinheit GSG9 in Bernau festgenommen, nachdem die deutschen Sicherheitsbehörden einen Tag zuvor den Hinweis eines ausländischen Nachrichtendienstes bekommen hatten. Ein Sprecher des Generalbundesanwalts wollte das zunächst nicht bestätigen.
Seine Wohnung sowie eine weitere Wohnung im nordrhein-westfälischen Rhein-Sieg-Kreis einer nicht tatverdächtigen Person wurden durchsucht. An den Maßnahmen waren der Mitteilung zufolge Kräfte der Bundespolizei, des Bundeskriminalamts sowie der zuständigen Landespolizei beteiligt.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nahm die Festnahme zum Anlass, um den Bundesrat zu seiner Zustimmung zum „Sicherheitspaket“ aufzufordern. Es seien „gerade wichtige Maßnahmen beschlossen“ worden, „die unsere Behörden weiter stärken“, sagte Scholz. Umso mehr sei es „wichtig, dass der Bundesrat die noch ausstehenden Punkte jetzt auch schnell freigibt“.
Die unionsgeführten Bundesländer hatten am Freitag den Teil des Pakets abgelehnt, der den Sicherheitsbehörden erweiterte Befugnisse geben soll. Das Paket geht CDU und CSU insgesamt nicht weit genug.
Justizminister Buschmann warnt vor „sehr ernster“ Terrorgefahr
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) warnte vor einer „sehr ernsten“ islamistischen Terrorgefahr in Deutschland. „Israelische Einrichtungen stehen besonders häufig im Visier der Terroristen“, sagte er. „Der Schutz israelischer Einrichtungen in Deutschland ist besonders wichtig in diesen Zeiten, in denen fanatischer Israelhass und Antisemitismus weltweit Zulauf haben – und der islamistische Terrorismus immer neue Anhänger findet.“ Man werde weiterhin „alles daran setzen, dass die gefährlichen Pläne der Israelhasser und Antisemiten nicht aufgehen“.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bezeichnete den Schutz jüdischer und israelischer Einrichtungen als „lebenswichtig“. Dieser habe „höchste Bedeutung für uns“, erklärte sie. „Wir handeln mit höchster Wachsamkeit und Aufmerksamkeit angesichts der hohen Bedrohungslage durch islamistische, antisemitische und israelfeindliche Gewalt.“ Faeser würdigte zudem den Einsatz der Ermittlungsbehörden.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wagner (CDU) wertet die Festnahme als Zeichen für eine weiterhin große Bedrohung durch islamistischen Terrorismus. „Wir müssen alles dafür tun, um die Sicherheit in Berlin und Deutschland zu stärken.“ Die Festnahme zeige, „wie angespannt die Sicherheitslage in Deutschland und wie groß die Bedrohung durch islamistischen Terrorismus ist“. Wegner dankte den Sicherheitsbehörden, die sehr gut zusammengearbeitet hätten.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) forderte zum gemeinsamen Engagement gegen Hass auf. „Islamistischer Terrorismus bedroht das Leben in unserer offenen Gesellschaft und insbesondere jüdisches Leben“, sagte Woidke. „Das nehmen wir, das nehme ich nicht einfach hin, sondern fordere alle auf, sich mit aller Kraft gegen den Hass zu stellen.“
Der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, sprach von einem „Weckruf“. „Wir müssen den staatsgefährdenden islamistischen Antizionismus endlich ernst nehmen“, forderte er.
Ausländischer Nachrichtendienst gab Hinweis
In dem aktuellen Fall soll der Hinweis auf den Libyer von einem ausländischen Nachrichtendienst gekommen sein. Wie konkret die Pläne des Tatverdächtigen waren, wird wohl erst nach der Auswertung der bei den Durchsuchungen aufgefundenen Gegenstände feststehen. Die Sicherheitsbehörden haben in diesem Fall sowie in einigen ähnlich gelagerten Fällen der jüngeren Vergangenheit schnell zugegriffen.
Die Sicherheitsvorkehrungen an den jüdischen und israelischen Einrichtungen in Berlin wurden zunächst nicht weiter verschärft. Die Polizei wies darauf hin, dass sie jetzt schon hoch seien. Derzeit würden mehr als 160 Objekte bewacht, sagte Sprecherin Beate Ostertag. Für die israelische Botschaft gelte generell ein „maximal hohes Level“. Durch die Festnahme habe sich die Lage zunächst nicht geändert. Die Berliner Polizei bewerte die Situation aber ständig neu und stehe dazu mit nationalen und internationalen Behörden im Austausch.
Israels Botschafter Ron Prosor dankte den deutschen Sicherheitsbehörden, „dass sie die Sicherheit unserer Botschaft gewährleisten“. „Der muslimische Antisemitismus beschränkt sich nicht auf hasserfüllte Rhetorik, sondern fördert den weltweiten Terrorismus“, teilte Prosor der dpa mit. „Die Mitarbeiter der israelischen Botschaft sind besonders gefährdet, weil sie an vorderster Front der Diplomatie stehen.“
Der Staat Israel hatte das Grundstück samt einer Villa in der Auguste-Viktoria-Straße im Südwesten Berlins 1998 erworben. Die Botschaft und die Residenz des Botschafters wurden am 9. Mai 2001, dem 53. Unabhängigkeitstag des Staates Israel, in Anwesenheit des damaligen Außenministers und späteren Staatspräsidenten Schimon Peres eingeweiht.
Seit dem Terrorangriff islamistischer Terroristen auf Israel am 7. Oktober 2023 ist in Deutschland eine starke Zunahme antisemitischer Vorfälle registriert worden.