Ankündigung von Vergeltung IS veröffentlicht Video, das angeblich Täter von Solingen zeigt

Angebliches Kampfbild des mutmaßlichen Attentäters von Solingen (Screenshot von islamistischer Propaganda-Webseite)
Foto: islamistische PropagandawebseiteDie Terrormiliz »Islamischer Staat« (IS) hat zwei Tage nach dem tödlichen Messerangriff von Solingen ein Video veröffentlicht, das den Täter zeigen soll. In dem etwa einminütigen Video ist ein vermummter, jung wirkender Mann zu sehen, der ein langes Messer in die Kamera hält. Er leistet dem Anführer des IS darin auf Arabisch einen Treueeid und bezeichnet diesen mit dem Ehrentitel »Emir«. Schon am Samstag hatte der IS die Tat mit drei Todesopfern für sich reklamiert. Einen Beweis für einen bestehenden Kontakt zwischen dem Täter und der Terrormiliz hatte dieses erste Bekennerschreiben nicht geliefert.
Nun teilte der IS über seine Propagandakanäle im Internet mit, vom Täter des Messerangriffs von Solingen Videos erhalten zu haben. Wann das Video aufgenommen wurde und ob es sich bei dem darin gezeigten Mann um den Täter handelt, konnte zunächst nicht überprüft werden.
Der Mann nennt sich in dem Video Samarkand A. – möglicherweise ein Kampfname – und sagt, er stamme aus Deir al-Sor im Osten Syriens, wo Zellen der Terrormiliz bis heute aktiv sind und Anschläge verüben.
Der mutmaßliche Täter von Solingen, ein 26-jähriger Syrer namens Issa al H., hatte sich am Samstagabend gestellt und sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor, sich dem IS angeschlossen zu haben. Wegen seiner radikal-islamistischen Überzeugungen habe er den Entschluss gefasst, auf dem Solinger Stadtfest eine möglichst große Anzahl aus seiner Sicht ungläubiger Menschen zu töten.
Der Mann im Video kündigt Vergeltung an
Der Mann in dem IS-Video sagt, dass seine Attacke eine Vergeltung sei für die Tötung von Muslimen in Syrien, im Irak und in Bosnien. An seine Eltern gerichtet sagt er, sein Angriff sei auch ein Racheakt für die »Menschen in Palästina«, die Massaker mit Unterstützung von »Zionisten« erleiden müssten – ein Verweis auf den Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen.
Nach SPIEGEL-Informationen kam Issa al H. Ende Dezember 2022 nach Deutschland und stellte in Bielefeld einen Antrag auf Asyl. Nach den sogenannten Dublin-Regeln des europäischen Asylsystems wäre jedoch Bulgarien für ihn zuständig gewesen. Die deutschen Behörden stellten ein Übernahmeersuchen – die Bulgaren stimmten dem zu, der Syrer sollte dorthin überstellt werden. Doch der Versuch einer Abschiebung scheiterte im Juni 2023 – Issa al H. war untergetaucht. Eine Ausschreibung zur Festnahme unterblieb wohl – offenbar, weil al H. als unauffällig galt und es ohnehin kaum ausreichend Abschiebehaftplätze gibt.
Im August lief die Überstellungsfrist ab, Deutschland war nun für seinen Fall zuständig. Die Bundesrepublik gewährte dem Syrer Ende 2023 subsidiären Schutz, den Geflüchtete aus dem Bürgerkriegsland häufig bekommen. Er wurde nach Solingen verteilt, wo er seit September 2023 lebte.