Solingen-Attentäter sollte abgeschoben werden – war polizeilich aber noch nie aufgefallen
Wie WELT erfuhr, sollte der mutmaßliche Attentäter von Solingen Anfang 2023 nach Bulgarien abgeschoben werden. Allerdings tauchte Issa Al H. dann monatelang unter – bis er in Solingen wieder auftauchte.
Der Syrer Issa Al H., der am Freitag in Solingen eine Messerattacke mit drei Toten verübt haben soll, sollte im vergangenen Jahr aus Deutschland abgeschoben werden. Sein Asylantrag war zuvor abgelehnt worden. Dies erfuhr WELT aus Behördenkreisen. Eine offizielle Bestätigung gibt es bislang nicht.
Wie WELT erfuhr, hatten die Behörden bereits einen Abschiebetermin festgelegt – Al H., Anfang 2023 wohnhaft in Paderborn, sollte demnach nach Bulgarien abgeschoben werden. Dorthin war er zuvor in die Europäische Union eingereist. Gemäß der Dublin-Regeln ist der Staat, der zuerst von einem Asylbewerber betreten wird, für das Asylverfahren zuständig.
Obwohl die Abschiebung bereits terminiert war, ist es nicht dazu gekommen. Nach WELT-Informationen war Issa Al H. nicht auffindbar, tauchte unter und erst mehrere Monate später wieder auf. Die Abschiebung war damit vorerst hinfällig, der Syrer wurde nach Solingen „umverteilt“, wie es im Behördensprech heißt.
Gemäß WELT vorliegenden Behörden-Dokumenten lebte der am 20. Januar 1998 im syrischen Deir ez-Zor geborene Mann dort bis zuletzt in einem Flüchtlingsheim im Stadtzentrum. Polizeilich war er, vor der ihm vorgeworfenen Tat von Solingen, nie aufgefallen. H. hatte keinerlei Vorstrafen, stand bis dato nie unter Extremismus-Verdacht.
Issa Al H. stellte sich am Samstagabend in Solingen einer Polizeistreife, gab an, der Gesuchte zu sein. Er befindet sich in Polizeigewahrsam. Gegen ihn wird nun wegen Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ermittelt. Der Tatverdächtige wurde am Sonntag einem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe vorgeführt.
Die Nacht verbrachte der Verdächtige in einer Zelle der Polizeiwache Solingen. Spezialeinsatzkräfte brachten ihn am Sonntagmittag zu einem Fahrzeug, wie eine Drohnenaufnahme zeigt. Anschließend wurde er mit einem Helikopter nach Karlsruhe geflogen.
Ebenfalls am Samstagabend bekannte sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zum Anschlag. Der Angreifer sei IS-Mitglied gewesen und habe die Attacke aus „Rache für Muslime in Palästina und anderswo“ verübt, hieß es in einer Mitteilung beim IS-Sprachrohr Amak. Der Angriff habe einer „Gruppe von Christen“ gegolten.