Messeranschlag bei Stadtfest Polizei nimmt mutmaßlichen Attentäter von Solingen fest

Der mutmaßliche Attentäter (hinten verdeckt zwischen Polizisten) stellt sich um kurz vor 23 Uhr
Foto: Christoph Reichwein / dpaDer mutmaßliche Attentäter von Solingen ist gefasst: Kurz vor 23 Uhr, mehr als 24 Stunden nach dem Anschlag, stellte sich der Syrer Issa al H. nach SPIEGEL-Informationen am Samstagabend einer Polizeistreife. Seine Kleidung sei schmutzig und blutverschmiert gewesen, hieß es aus Sicherheitskreisen. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) bestätigte die Festnahme wenig später in den ARD-»Tagesthemen«. Der Mann sei im »höchsten Maße« tatverdächtig. Es seien auch Beweisstücke gefunden worden, so Reul.
Mit Blick auf die Durchsuchung einer Flüchtlingsunterkunft in Solingen sagte Reul, sie sei ein Teil von weitergehenden Informationen gewesen, die verwertet worden seien. Man habe den ganzen Tag eine heiße Spur verfolgt. »Ich kann Ihnen sagen, dass wir vor wenigen Minuten diese heiße Spur erfolgreich beendet haben, der, den wir den ganzen Tag in Wirklichkeit gesucht haben, der ist seit kurzer Zeit bei uns in Gewahrsam.«
Nach SPIEGEL-Informationen wurde der 26-jährige Issa al H. in der syrischen Stadt Deir al-Sor geboren. Er kam Ende Dezember 2022 nach Deutschland und stellte in Bielefeld einen Antrag auf Asyl. Ein Jahr später erhielt er einen sogenannten subsidiären Schutz, den Geflüchtete aus dem Bürgerkriegsland häufig erhalten. Er ist sunnitischer Muslim. Den Sicherheitsbehörden war er nach SPIEGEL-Informationen bislang nicht als islamistischer Extremist bekannt.
Auf einem Jubiläumsfest der Stadt Solingen im Bergischen Land soll der Mann willkürlich auf Umstehende eingestochen haben. Anschließend entkam er im Tumult und in der anfänglichen Panik. Zwei Männer im Alter von 67 und 56 Jahren sowie eine 56 Jahre alte Frau starben. Sechs Menschen wurden schwer verletzt, vier davon lebensgefährlich.
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31 Jahre nach dem rechtsextremen Brandanschlag auf ein Haus türkischstämmiger Familien erlebt Solingen ein weiteres Trauma durch eine unfassbare Gewalttat. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul reiste noch in der Nacht zu Samstag an den Tatort. »Man will das gar nicht wahrhaben, was man hier sieht«, sagte er.
Die Terrormiliz »Islamischer Staat« (IS) hat den Anschlag mittlerweile für sich reklamiert. In einer Mitteilung beim IS-Sprachrohr Amak hieß es, der Angreifer sei IS-Mitglied gewesen und habe die Attacke aus »Rache für Muslime in Palästina und anderswo« verübt. Der Angriff sollte demnach eine »Gruppe von Christen« treffen. Einen Beweis für einen bestehenden Kontakt zwischen dem Täter und der Terrormiliz lieferte das Bekennerschreiben nicht.
Einen ersten Fahndungserfolg konnte die Polizei am Nachmittag melden: Ein 15-Jähriger wurde festgenommen, der sich mit dem Verdächtigen vor der Tat über einen möglichen Messerangriff unterhalten haben soll. Dem Jugendlichen wird deshalb das Nichtanzeigen einer geplanten Straftat vorgeworfen. Er verweigert bislang die Aussage.
Am Abend führten Einsatzkräfte in einer Solinger Flüchtlingsunterkunft dann einen Mann ab, der als Zeuge befragt werden sollte. Die Polizei war mit großem Aufgebot vor Ort, weil sie auch den Hauptverdächtigen in der Unterkunft für Asylbewerber vermutete. Einige Zeit später stellte sich der mutmaßliche Attentäter einer Polizeistreife.