Politik

Gewalttaten nehmen drastisch zu Zahl tatverdächtiger Ausländer springt nach oben

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Blutflecken vor einer Hamburger Shisha-Bar, wo im Jahr 2023 eine Messerstecherei stattfand - mit einem 14-Jährigen als Tatverdächtigen.

Blutflecken vor einer Hamburger Shisha-Bar, wo im Jahr 2023 eine Messerstecherei stattfand - mit einem 14-Jährigen als Tatverdächtigen.

(Foto: picture alliance /ABB)

Die Zahl der Straftaten ist im vergangenen Jahr erneut gestiegen, insbesondere auch im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019. Besonders auffällig ist die Entwicklung nicht deutscher Straftäter in der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik: Ihr Anteil steigt weiter, insbesondere bei den mutmaßlichen Gewalttätern.

Die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik (PKS) im Auftrag des Bundesinnenministeriums weist einen abermaligen Anstieg der Straftaten in Deutschland aus. Wie aus einer Übersicht des Bundeskriminalamts hervorgeht, wuchs die Zahl aller registrierten Straftaten im vergangenen Jahr um 5,5 Prozent auf 5,94 Millionen Fälle. Ohne ausländerrechtliche Verstöße wie illegale Einreise oder unerlaubter Aufenthalt in der Bundesrepublik liegt die Zahl bei 5,64 Millionen Straftaten. Das sind 4,4 Prozent mehr als im Vorjahr und 7,0 Prozent mehr als noch 2019, dem letzten Jahr vor der Corona-Pandemie. Ein deutlicher Zuwachs ist bei der Gewaltkriminalität zu beobachten: 214.000 Fälle entsprechen einem Zuwachs von 8,6 Prozent seit 2022 beziehungsweise 18,3 Prozent mehr im Vergleich zu 2019.

"Wir sehen eine gestiegene Gewaltkriminalität, mehr Jugend- und mehr Ausländerkriminalität. Mir ist wichtig, dass der Rechtsstaat hart gegen Gewalt durchgreift. Hier gilt: null Toleranz", erklärte Innenministerin Nancy Faeser bei der Vorstellung der Statistik in Berlin. "Das heißt konkret: schnelle Verfahren, spürbare Strafen. Ausländische Täter müssen Deutschland deutlich schneller verlassen. Die von uns geschaffenen strengen Abschieberegeln gilt es jetzt durchzusetzen", so die SPD-Politikerin weiter.

Die PKS ist in ihrer Aussagekraft umstritten: Die erfassten Personen sind von Bürgerinnen oder Bürgern angezeigt oder von der Polizei einer Straftat beschuldigt worden, die diese selbst beobachtet hat. Wer aber verurteilt worden ist, also tatsächlich eine Straftat begangen hat, geht aus den Zahlen nicht hervor. Zudem erfasst die PKS einerseits eine Unsumme ganz verschiedener Straftaten von Körperverletzung und Raub über bandenmäßigen Betrug und Cyberkriminalität bis hin zu Kleinstdelikten wie dem Besitz kleiner Drogenmengen oder Ladendiebstahl. Wissenschaftler kritisieren zudem Zerrbilder, die durch die schlichte Unterteilung in deutsche und nicht deutsche Straftäter entstehen.

Asylbewerber, Geflüchtete und Geduldete stechen hervor

Doch ebendiese Zahl rückt ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Die Zahl der nichtdeutschen Tatverdächtigen ist in der PKS um 17,8 Prozent auf 923.269 gestiegen, ohne ausländerrechtliche Verstöße liegt der Anstieg nichtdeutscher Tatverdächtiger noch immer bei 13,5 Prozent. Menschen ohne deutschen Pass stellen damit fast die Hälfte aller 2,25 Millionen Tatverdächtigen, obwohl sie einen geringen Anteil an der Gesamtbevölkerung haben: Im Jahr 2022 lag der Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung bei 14,6 Prozent. Die Zahl von Tatverdächtigen mit deutschem Pass ist dagegen mit einem Prozent Anstieg praktisch gleichgeblieben.

Der Ausländeranteil ist auch unter den Gewalttaten überproportional hoch: Die Gewaltkriminalität wuchs um 8,6 Prozent auf 214.099 Fälle - ein neuer Höchstwert seit 2007. Die Zahl nicht deutscher mutmaßlicher Gewalttäter stieg dabei um 14,5 Prozent, die der deutschen mutmaßlichen Gewalttäter um 2,2 Prozent. Von 190.605 Verdächtigen in Fällen von Gewaltkriminalität waren im vergangenen Jahr 79.088 Ausländer - 2379 mehr als im Vorjahr und etwas weniger als die Hälfte aller 190.605 Beschuldigten im Kontext von Gewalttaten. Ebenfalls auffällig: 71 Prozent der mutmaßlichen ausländischen Gewalttäter führt das Bundeskriminalamt als "Zuwanderer", gemeint sind Asylbewerber, Menschen mit Bleiberecht als Kriegsflüchtlinge oder Asylberechtigte, Menschen mit Duldungsstatus oder ganz ohne Aufenthaltsrecht in Deutschland.

Mehr Kinder und Jugendliche unter Verdacht

Ebenfalls deutlich gestiegen ist die Zahl der Kinder und Jugendlichen, denen Gewaltdelikte zur Last gelegt wurden: 12.377 Kinder und 30.244 Jugendliche wurden 2023 einer oder mehrerer Gewalttaten beschuldigt - ein Anstieg um 17 beziehungsweise 14 Prozent.

1,97 Millionen Diebstahlfälle bedeuten einen Zuwachs von 10,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Unter den rund 424.000 Beschuldigten sind rund 187.000 Nichtdeutsche, von denen mehr als jeder vierte in die Kategorie Zuwanderer fällt. Mit einem Plus von 23,6 Prozent verzeichnet das BKA den höchsten Stand von Ladendiebstählen seit 2006. Die Zahl der Wohnungseinbrüche stieg ebenfalls im Vergleich zu 2022. Doch trotz eines Plus von 18,1 Prozent liegt die Zahl noch unter dem Niveau von 2019.

Zusammenhang zur Zuwanderung offensichtlich

Die überproportional vielen Ausländer unter den einer Straftat Beschuldigten erklären Soziologen und Kriminologen mit verschiedenen Ursachen. So sind die meisten Zuwanderer junge Männer, die in jeder Kriminalitätsstatistik auffällig stark vertreten sind. Hinzu kommen die bei Ausländern in Deutschland besonders oft schwierige soziale Lage und womöglich eigene Gewalterfahrungen im Herkunftsland oder während der Flucht nach Deutschland, die die Hemmschwelle zur Gewaltanwendung sinken ließen.

Zudem passierten viele Straftaten in Ausländerunterkünften und in deren Umfeld, wo einerseits die Unterbringungssituation extrem angespannt ist, andererseits Polizei und Wachschutz besonders präsent sind. Ferner haben Soziologen aufgezeigt, dass die Anzeigebereitschaft deutlich höher ist gegenüber Menschen, die als nicht zugehörig zur eigenen Gruppe wahrgenommen werden.

Das Bundeskriminalamt hält aber auch fest: Der Anteil der einer Straftat Beschuldigten unter allen Ausländern ist im vergangenen Jahr sogar gesunken. Weil aber zugleich deutlich mehr Ausländer in Deutschland leben, ist die absolute Zahl ausländischer Straftäter dennoch gestiegen. Ein Zusammenhang zwischen Zuwanderung und Anzahl registrierter Straftaten ist damit offensichtlich. Damit entbrennt einmal mehr die Debatte um den richtigen Umgang mit dem Asylrecht, die Begrenzung von Zuwanderung sowie über die Ausstattung von Polizei, Justiz und Ausländerbehörden.

Union fordert Migrationsdebatte

"Wir haben da ein Problem - das hat auch mit Migration zu tun", sagte etwa Unionfraktionsvize Andrea Lindholz von der CSU in der ARD. "Wir müssen Migration besser steuern, wir müssen wissen, wer in unser Land kommt", fügte sie hinzu. Deutschland stoße mit seiner "Integrationsfähigkeit" an seine "Grenzen", sagte Lindholz weiter. Integration und Prävention kosteten "immens viel Kapazitäten, die wir realistisch gesagt gar nicht haben."

Die SPD im Bundestag sieht vor allem die Bundesländer in der Pflicht. "Die zunehmende Gewaltbereitschaft braucht eine doppelte Antwort: konsequente Strafverfolgung und umgehende Ahndung der Taten sowie mehr Prävention im Vorfeld", sagte ihr innenpolitischer Sprecher Sebastian Hartmann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Die für die polizeiliche Gefahrenabwehr zuständigen Länder müssen hier ihren Fokus setzen, um die beginnende Spirale zu durchbrechen."

Auch die Grünen zeigten sich besorgt, warnten aber, es sei "wenig verantwortlich", mit den Zahlen den Fokus auf die Migration zu lenken. "Das wird der Komplexität der Entwicklung von Kriminalitätsphänomenen in keiner Weise gerecht", sagte ihre Parlamentsgeschäftsführerin Irene Mihalic dem RND. Dennoch müssten die Zahlen "jetzt sehr genau" analysiert werden, um die richtigen Schlüsse zu ziehen.


Hinweis der Redaktion: In der ursprünglichen Fassung haben wir berichtet, die Zahl nicht deutscher mutmaßlicher Gewalttäter betrage 111.517 und umfasse damit mehr als die Hälfte aller Tatverdächtigen. Unter den 190.695 mutmaßlichen Gewalttätern sind aber weniger als die Hälfe Ausländer, nämlich 79.088. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

Quelle: ntv.de

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