So viele illegale Einreisen wie seit 2015 nicht mehr

Ein interner Bericht der Bundespolizei offenbart, dass die Zahl der unerlaubten Grenzübertritte gegenüber dem Vorjahr um rund 38 Prozent gestiegen ist. Die Deutsche Polizeigewerkschaft und die CDU fordern, die Kontrollen an den deutschen Binnengrenzen beizubehalten
Die illegale Einwanderung hält die Sicherheitsbehörden und die Politik weiter in Atem. Das zeigt ein interner Bericht der Bundespolizei, der WELT vorliegt. Die Behörde stellte im Jahr 2023 demnach insgesamt 127.088 unerlaubte Einreisen nach Deutschland fest. Das waren rund 38 Prozent mehr als 2022. Damals hatte die Bundespolizei knapp 92.000 illegale Grenzübertritte registriert.
Die Zahl der illegalen Einreisen überstieg im Jahr 2023 somit die Zahl aus dem Flüchtlingskrisenjahr 2016, als die Bundespolizei fast 112.000 illegal eingereiste Personen aufgegriffen hatte. Höher lag der Wert nur im Rekordjahr 2015. Damals hatte die Bundespolizei nach eigenen Angaben etwas mehr als 217.000 irreguläre Grenzübertritte festgestellt.
Zusätzlich zu den illegalen Grenzübertritten griff die Bundespolizei im zurückliegenden Jahr weitere 48.930 Personen im Inland auf, die sich illegal in Deutschland aufhielten, weil sie keine Aufenthaltserlaubnis hatten oder ausreisepflichtig waren. Im Jahr 2022 hatte die Bundespolizei die Zahl der im Inland illegal aufgegriffenen Personen mit rund 43.500 Personen angegeben. Im Jahr 2021 waren es 27.734 unerlaubte Aufenthalte.
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPOlG), Heiko Teggatz, sagte auf Anfrage von WELT, dass es trotz des Rückgangs der Aufgriffszahlen seit der Einführung weiterer Grenzkontrollen „keine Entwarnung“ gebe. „Der Migrationsdruck nach Europa und Deutschland ist nach wie vor hoch. Dass immer noch Menschen an den deutschen Landgrenzen ankommen, die auf ihrer Reise mehrere Schengenvertragsstaaten offensichtlich unkontrolliert durchqueren konnten, ist ein Beleg dafür, dass Schengen nicht mehr funktioniert“, sagte Teggatz. Es bleibe sicherheitspolitisch keine andere Wahl, „als die Schengenkontrollen an den Binnengrenzen nachzuholen“, bis Schengen an den europäischen Außengrenzen wieder funktioniere. „Das kann Jahre dauern“, prognostizierte er.
An der Grenze von Bayern zu Österreich gibt es bereits seit 2015 feste Grenzkontrollen. Am 16. Oktober 2023 führte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) temporär weitere stationäre Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und zur Schweiz ein. Seitdem ging die illegale Zuwanderung nach Deutschland deutlich zurück, wie WELT bereits anhand einer internen Analyse der Sicherheitsbehörden berichtete.
„Die erhoffte Wirkung der Grenzkontrollen wurde bei weitem übertroffen“

Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) besucht die Grenzkontrollstelle Ludwigsdorf und zieht eine erste Bilanz zur Abwehr illegaler Migration. Sehen Sie das Statement des Ministers hier bei WELT TV.
Auffallend sei auch die „hohe Anzahl von Feststellungen des unerlaubten Aufenthalts“, sagte Teggatz. Die Bundespolizei würde sich unerlaubt in Deutschland aufhaltenden Personen regelmäßig den zuständigen Landesbehörden übergeben, weil die Bundespolizei für aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht zuständig sei.
„Leider weigert sich die Ampelregierung mit Händen und Füßen gegen eine Gesetzesänderung im Aufenthaltsgesetz, obwohl sämtliche Ministerpräsidenten eine solche Änderung befürworten. Es geht mittlerweile um mehr als 350.000 Menschen, die in Deutschland keine Bleibeperspektive haben und deren Abschiebungen ausgesetzt sind. Etwa 50.000 davon sind sogar sofort vollziehbar ausreisepflichtig“, sagte Teggatz.
Der Bundestagsabgeordnete und Innenpolitiker Christoph de Vries (CDU) sagte: „Das Rekord-Niveau bei den illegalen Einreisen seit 2015 ist Ausdruck der völlig verfehlten Asylpolitik der Ampel und des Kontrollverlustes, den wir seit knapp zwei Jahren an unseren Grenzen erleben.“ Zugleich habe die Einführung weiterer stationärer Grenzkontrollen „zu einem massiven Rückgang der illegalen Einreisen und der Asylzugangszahlen“ geführt.
„Zur Wahrheit gehört leider auch, dass Innenministerin Faeser durch ihre langwierige Blockade nationaler Grenzkontrollen maßgeblich verantwortlich ist für die Überlastung in den Städten und Kommunen, weil zehntausende illegale Migranten ungehindert nach Deutschland einreisen konnten“, sagte de Vries. Auf nationale Grenzkontrollen werde man „in absehbarer Zeit“ nicht verzichten können. Zusätzlich müsse die Regierung auf europäischer Ebene „auf rechtliche Veränderungen drängen, die auch Zurückweisungen von Personen an der deutschen Grenze ermöglichen, die in einem anderen EU-Staat bereits registriert“ seien.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Innenausschusses, Lars Castellucci, wertet die „hohen Zahlen“ der registrierten illegalen Grenzübertritte als Beweis, „wie gut unsere Sicherheitsbehörden arbeiten, nachdem die Bundesregierung die Kontrollen an den Grenzen massiv erhöht hat.“ Um von diesen Zahlen herunterzukommen, müsse „vor allem die organisierte Kriminalität“ bekämpft werden. „Wer wirklich auf der Flucht ist, kann nicht ohne Hilfe fliehen, aber hier wird auch viel Geld mit Schleppung verdient, bei der es nicht um die Menschen, sondern nur um den Profit geht“, sagte Castellucci.
Die Einigung auf europäischer Ebene werde zu einer besseren Zusammenarbeit führen. Künftig würden dadurch alle Ankommende registriert. „Bei alldem sollten wir immer sehen: Wir sind in Deutschland auf Einwanderung angewiesen, um unseren Wohlstand zu sichern, deshalb ist das Wichtigste für uns, dass diejenigen, die dazu beitragen können, auf regulären Wegen zu uns finden“, sagte Castellucci.